Ein Weilchen geht es immer ohne dich. Dann ist es, als ob du nachwievor zwei Orte weiter lebst. Und wenn ich nicht weiter darüber nachdenke gaukelt mir der Alltag sogar vor, dass ich ja jederzeit zu dir könnte. Den langen Berg mit dem starken Gefälle hinab, vorbei an Maisfeldern, Kuhwiesen und den vielen kleinen Orten, deren Namen ich mir auch nach einem Jahr noch nicht merken kann. Hinab in die Stadt. Von da an vertrauter Weg. Straßen, die ich mein halbes Leben lang befahren bin, wenn wir uns sehen wollten. Erst mit dem Bus, dann irgendwann mit meinem ersten eigenen Auto. (Der kleine blaue VW-Polo mit Schieflage, der seinen ganz eigenen Kopf hatte & ständig Durst. Im Sommer konnte es auf dem Weg zu dir öfter mal vorkommen, dass ich in einer Bushaltestelle rechts ran fuhr und stilles Wasser nachfüllte, damit der Motor nicht abfackelt....)
Du bist oft umgezogen, warst aber bis auf die vereinzelten Semester in Weimar immer nur ein paar Straßen weiter, kaum ab vom gewohnten Weg. Mal vorher rechts, mal später links abbiegen.
Das erste Mal bewusst geworden, dass am Ende der gewohnten Route ein Klingelschild mit einem fremden Namen wartet ist mir, als ich die kreischenden Möwen hörte während wir telefonierten. Und du mir erzählt hast, dass es von da oben, in eurer Wohnung direkt am Strand von Vancouver so aussieht, als würde der Skyscraper direkt im Meer stehen. Obwohl ich dabei war als du dich verabschiedet hast von uns allen, hab ich dich zuvor immernoch da sitzen sehen, wo du immer saßt und telefoniertes als du noch hier warst. Manchmal rufe ich dich deswegen nicht an, weil ich Angst davor habe, dass ich erneut realisieren muss, dass unsere Leben jetzt so viel weiter auseinander liegen als jemals zuvor.
Die Weilchen, die es ohne dich geht, bin ich damit beschäftigt mitzukommen mit dem Leben, beruhigend das feste Band zwischen unseren Herzen spürend. Doch ab und an schaue ich plötzlich auf und merke, wie sehr du mir fehlst. Wie sehr es mir fehlt, mit dir über die gleichen Dinge lachen zu können, bei den selben Liedenr loszuheulen oder mitzugröhlen. Wie sehr es mir fehlt, für dich da sein zu können, mich mit dir zu betrinken, eine Nacht durch zu diskutieren, schwadronieren und philosophieren, ohne am nächsten Morgen mit dem Gefühl aufwachen zu müssen "Man, hier kann ich mich nicht mehr blicken lassen bei DEM Scheiß, den ich von mir gegeben habe."
Mir fehlt das Gefühl, Teil von etwas zu sein. Normal, vielleicht sogar Besonders in der ein oder anderen Eigenschaft... oder wenn nicht, dann wärs mit dir zumindest auch Okay ;).
Du fehlst mir. Vorallem deinetwegen.
Gestern kam dein Brief mit unserem Foto. Ich seh mich an auf diesem Bild und erkenn mich selbst nicht wieder. Beruhigt und traurig zugleich sehe ich, dass ich es doch noch kann, warm sein, glücklich und für kleine Momente zufrieden. Jetzt muss ich es nur noch schaffen das in den Weilchen, die es ohne dich gehen muss, wiederzufinden.
Zwischenzeiten - 23. Jun, 13:55